Ausstellung und Lesung im Museum Lichtenberg

Heute sind Sinti und Roma in vielen Teilen der Welt zuhause. Ursprünglich aus dem indischen Punjab stammend, wurden sie 1407 erstmals urkundlich in Deutschland erwähnt. „Die Vielfalt der Sinti und Roma in Deutschland“ zeigt ab Donnerstag, 20. Oktober, eine Wanderschau im Museum Lichtenberg im Stadthaus, Türrschmidtstraße 24.
Die Ausstellung gehört der Sinti- und Roma-Frauen-Initiative „Romane Romnja“ und zeigt, inwiefern das Leben von Romni und Sintiza durch Vorurteile beeinflusst wird.
Zur Eröffnung am Donnerstag, 20. Oktober, um 19 Uhr liest Wolfgang Benz, der ehemalige Leiter des Antisemitismuszentrums der Technischen Universität, aus seinem Buch „Sinti und Roma – die unerwünschte Minderheit. Über das Vorurteil Antiziganismus“. Er thematisiert darin die Ausgrenzung von Sinti und Roma im gegenwärtigen politischen Leben und in der Geschichte. Dabei analysiert er aktuelle antiziganistische Auffassungen und zeichnet die Verfolgungsgeschichte nach.
Denn knapp dreihundert Jahre nach dem ersten Erscheinen von Sinti und Roma auf diesem Kontinent, wurden sie in Europa verfolgt, enteignet und vertrieben. Auch in Lichtenberg hat das Spuren hinterlassen. Diese erforscht nun das Museum Lichtenberg im Auftrag der Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Das Hauptaugenmerk liegt dabei vor allem auf dem heute in Marzahn-Hellersdorf gelegenen, ehemaligen „Zwangslager“ Marzahn – von den Nationalsozialisten zynisch „Rastplatz Marzahn“ genannt.
Dort lebten zwischen 1936 und 1945 geschätzt 1.200 Sinti und Roma. Sie waren zwangsweise in ganz Berlin aus ihren Wohnungen vertrieben worden und hausten nahe des Friedhofs am Rande von Rieselfeldern unter unwürdigen Bedingungen.
Außerdem mussten sie Zwangsarbeit leisten, viele männliche Bewohner wurden deportiert: Sie kamen 1938 als so genannte Asoziale in das Konzentrationslager Sachsenhausen. Ihnen folgten 70 Kinder, die 1942 über das Ghetto Litzmannstadt in das Vernichtungslager Auschwitz geschickt wurden. Ganze Familien wurden durch die von den Nationalsozialisten verfochtene Rassenlehre Opfer der beispiellosen Vernichtungspolitik.
Zu ihnen zählt die Familie Rosenberg, von der allein Otto Rosenberg als einziges Familienmitglied das Grauen mehrerer Konzentrationslager überlebt hat. Seine Tochter Petra Rosenberg ist die Vorsitzende des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg. Sie hat jüngst im Museum Lichtenberg zum 80. Jahrestag der Errichtung des Zwangslagers aus den Erinnerungen ihres Vaters gelesen.
Seine Memoiren machen klar: Auch nach Ende der NS-Diktatur zählten die überlebenden Sinti und Roma in beiden deutschen Staaten zu den vergessenen und verkannten Opfergruppen, die nur selten Entschädigungen erhielten. Selbst das Vorurteil, sie seien nicht in die Gesellschaft integrierbar, hält sich bis heute. Der Eintritt ist frei.