Bewohnerinnen und Bewohner entscheiden über Bezirksfinanzen.

Jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit bissen seine Augen sich daran fest: Tom Schlansky konnte bei der Einfahrt seiner Bahn nach Karlshorst den Blick einfach nicht abwenden.

Das Hermann Duncker-Denkmal an der Treskowallee war komplett mit Graffiti beschmiert. Seit 1976 erinnert die Skulptur vor der ehemaligen Bahnhofseingangshalle an einen der Mitbegründer der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). „Die Skulptur ist ein Zeugnis unserer Geschichte und das sollten wir schützen und bewahren“, sagt Tom Schlansky. Der 29-Jährige arbeitet als Abgeordneten-Referent für Lichtenbergs ehemaligen Bürgermeister Andreas Geisel. Auf dem Weg in sein Büro in der Dönhoffstraße sah Schlansky täglich den verwahrlosten Duncker. Doch was tun?
„Bei uns ins Büro kommen immer wieder Menschen mit Ideen, mit denen sie die Lebensqualität in Karlshorst verbessern wollen“, weiß Schlansky. Oft empfiehlt er ihnen den Lichtenberger Bürgerhaushalt. Einmal hatte eine ältere Dame vorgeschlagen, eine Bank zum Verweilen aufzustellen. Der 29-Jährige half ihr, einen Antrag für den Bürgerhaushalt zu formulieren. Und prompt wurde wenig später ohne viel Bürokratie eine Bank genau am gewünschten Ort platziert. „Der bezirkliche Bürgerhaushalt ist ein einzigartiges Erfolgsprojekt“, lobt Schlansky. Am Ende seines Studiums der Politik- und Verwaltungswissenschaften hatte er seine Abschlussarbeit dem Thema Bürgerhaushalt gewidmet. „In Wissenschaftskreisen wird der Lichtenberger Bürgerhaushalt als Vorzeigeprojekt viel gelobt, weil es ihn schon so lange gibt und er von der Kommune immer noch gefördert wird“, so Schlansky.

Er bat um Reinigung des verunstalteten Denkmals. Recherchen seinerseits hatten inzwischen ergeben, dass sein Großvater, der Bildhauer Walter Howard, nicht nur zusammen mit Duncker 1933 in Sachsen von den Nazis eingesperrt wurde. „Mein Opa hat diese Skulptur auch gemacht“, erzählt er. Die Mitarbeiterinnen, die sich um den Bürgerhaushalt kümmern, habenden Vorschlag dem Grünflächenamt vorgelegt: War es überhaupt möglich, das Denkmal zu reinigen? Erst danach hat das Begleitgremium darüber beraten und Schlanskys Vorschlag den Bezirksverordneten zur Umsetzung empfohlen. Mitte September beauftragte das Straßen- und Grünflächenamt ein Unternehmen, das Duncker wieder zum Glänzen brachte. Aber leider war die Skulptur wenig später schon wieder beschmiert. Tom Schlansky meldete das erneut und die Farbe wurde umgehend entfernt. „Wir freuen uns sehr, wenn Menschen ihre umgesetzten Projekte als Paten begleiten und sich dauerhaft dafür verantwortlich fühlen“, sagt Silvia Gröber, die sich im Bezirksamt seit 2003 um den Bürgerhaushalt kümmert. Sie hilft dabei, das Miteinander zu fördern. Der Dialog zwischen Lichtenbergerinnen und Lichtenbergern, Politik und Verwaltung sind die zentralen Elemente des Bürgerhaushaltes. Silvia Gröber erklärt: „Dieser Dialog basiert auf den Vorschlägen zum Haushalt. Dabei sind themenbezogene Vorschläge gesucht, die Politik und Verwaltung dabei unterstützen, die knappen Finanzen bedarfsgerecht einzusetzen.“

Mitmachen

Mitmachen können alle, die in Lichtenberg leben oder arbeiten. Vorschläge können im Internet unter www.buergerhaushalt-lichtenberg.de verfasst und diskutiert werden. Die Stadtteilzentren nehmen Vorschläge entgegen. Auch postalisch können Ideen eingereicht werden.

red, Foto: bbr