Neue Stele vor der Erlöserkirche erinnert künftig an den Widerstand und Protest in der DDR.

Pastor und Politiker Markus Meckel (v.l.n.r), Designerin Helga Liser, Stelen-Initiator Manfred Becker (SPD)
sowie Pfarrerin Saphna Joshi und Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Die Linke) haben gemeinsam die
neue Stele vor der Erlöserkirche enthüllt. Foto: bbr

Sie reisten aus Karl-Marx-Stadt, Dresden oder Brandenburg an und hatten alle dasselbe Ziel: Sie wollten zur Friedenswerkstatt oder zur Blues-Messe in die Erlöserkirche in Berlin-Rummelsburg.

Bis zu 700 Menschen kamen in den letzten Jahren der DDR dort zusammen, um mit einer Mischung aus Gottesdienst und Blues-Konzert gegen das Regime zu protestieren. „Ich fand den ganzen Militarismus in der DDR furchtbar“, sagt Wahlberliner Tom Sello. Er war ab 1980 in der Opposition aktiv und erinnert sich noch gut an die damalige Hochrüstungsphase in Europa. „Ost und West hatten Atomraketen aufeinander gerichtet und Friedenswerkstätten und Bluesmessen gaben Gleichgesinnten die Gelegenheit, zusammen zu kommen, sich auszutauschen und natürlich auch Spaß zu haben.“ Auch er und sein Freund Dirk Moldt waren dabei, wenn in Bluesmessen Punks und andere unangepasste Jugendliche ihre Befindlichkeiten und ihre Hoffnungen auf gesellschaftliche Veränderungen artikulierten. Eine Stele vor der Erlöserkirche erinnert nun an diesen historischen Ort des Widerstandes gegen die SED-Herrschaft.

Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Die Linke), Stelen-Initiator Manfred Becker, Pfarrerin Saphna Joshi und die Designerin Helga Liser haben die Stele gemeinsam mit dem letzten Außeminister der DDR, dem früheren Pfarrer Markus Meckel, feierlich enthüllt. „Die Friedens-Seminare in unserer Gemeinde in Vipperow an der Müritz und die Friedenswerkstätten auf dem Gelände der Erlöserkirche waren wie große Kontaktbörsen“, erklärt Meckel. Ein gemeinsames Thema gab es nicht, verschiedene Gruppen diskutierten unterschiedliche Themen: In Friedenswerkstätten kritisierten kirchliche Friedensgruppen die zunehmende Militarisierung der Schule, brachten Umweltgruppen die verheerenden, aber tabuisierten Schädigungen der Natur zur Sprache, forderten Menschenrechtsgruppen die Beachtung der Menschen- und Bürgerrechte, zu denen sich die DDR öffentlich bekannt hatte. An alle diese unterschiedlichen Themen und Menschen soll die zwei Meter hohe Stele aus Stahl erinnern.

Bezirksbürgermeister Michael Grunst erklärt: „Die Erlöserkirche ist nicht nur ein Ort der Geschichte Lichtenbergs. Während der Wendezeit gingen ihre Bilder der Protestveranstaltungen um die ganze Welt. Die Kirchengemeinde und ihre Mitglieder setzten sich für Frieden und Freiheit ein. Und das, obwohl sie ständigen Repressalien ausgesetzt waren. “ Denn die SED-Führung sah in den Veranstaltungen eine Bedrohung ihrer Alleinherrschaft, bedrängte die evangelische Kirchenleitung massiv und ließ sie mit immensem Aufwand beobachten. Die Beteiligten versuchte man einzuschüchtern, teilweise durch Verhaftung an der Mitwirkung zu hindern. Dennoch zogen diese Veranstaltungen Tausende an, ermutigten zum Weitermachen und bewirkten die zunehmende Vernetzung der zahlreichen Gruppen. „Damit hat die Erlöserkirche einen erheblichen Anteil an der Herausbildung einer revolutionären Situation in der DDR“, so eine Passage aus dem Stelentext. Die Idee dazu hatte Manfred Becker. Er ist Mitglied der SPD-Fraktion der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg (BVV) und Vorsitzender des Lichtenberger Kulturausschusses. Die Stele wurde aus dem Lichtenberger Fonds für Erinnerungskultur finanziert.