Immer mehr Menschen aus dem Fennpfuhl sind auf Lebensmittelspenden angewiesen.

Der Freitag ist in der evangelischen Kirchengemeinde im Fennpfuhl ein besonderer Tag. Immer zwischen 11 und 12 Uhr bildet sich eine lange Schlange vor der Tür. Nicht Gläubige kommen dann in die Paul-Junius-Straße sondern bedürftige Lichtenbergerinnen und Lichtenberger.

Schon lange bevor sich die Türen des Gemeindehauses öffnen, stehen bereits mehr als 20 Einkaufstrolleys in Reihe und Glied. Die Menschen, denen die Roller gehören, sind bedürftig. Für 1,50 Euro pro Erwachsenem und einem Euro pro Kind können sie Obst und Gemüse, Milchprodukte oder auch Brot und Eier einkaufen.

Rolf Schönrock von der Berliner Tafel „Laib und Seele“ verteilt die Lebensmittel zusammen mit 28 ehrenamtlich Tätigen an mehr als einhundert Menschen aus der Umgebung. Bevor sie beginnen auszulosen, wer wann an die Reihe kommt, haben die Ehrenamtler bereits stundenlang verdorbene von essbaren Lebensmitteln getrennt. „Das Essen spenden umliegende Geschäfte“, erklärt Schönrock. Er selbst hat die Tafel mit aufgebaut, die vor zwölf Jahren vom Sender RBB und der evangelischen Kirche initiiert wurde.

„Es kommen immer mehr ältere Menschen hierher“, sagt Schönrock. „Die Renten reichten einfach nicht aus, damit sich die Seniorinnen und Senioren versorgen können. Aber es kommen auch viele Alleinerziehende“, weiß er.

Eine davon ist Rebecca H. Die 33-jährige Bäckereifachverkäuferin hat den knapp einjährigen Niclas Joel auf dem Arm und kauft für die nächste Woche ein. Noch gut kann sie sich an das erste Mal erinnern, als sie zur Tafel gekommen ist. „Da habe ich mich geschämt und hatte Angst, dass Menschen da sind, die mich kennen und dann mitbekommen, das ich kein Geld habe.“ Vor allem Obst und Gemüse nimmt sie mit. „Als Alleinerziehende reicht das Geld einfach nicht“, sagt sie, während Ingeborg Mandelkow ihr die Lebensmittel reicht.
„Alleinerziehende haben oft Angst, dass das Jugendamt erfährt, das sie mit dem Geld nicht auskommen“, weiß Schönrock. Doch auch diese Sorge ist unbegründet. Die Bedürftigen werden nicht namentlich erfasst. Sie müssen lediglich ihre Bedürftigkeit nachweisen – beispielsweise durch ihren Renten- oder Hartz-IV-Bescheid.

„Aber viele ältere Menschen schämen sich so sehr, dass sie nicht einmal Grundsicherung beantragen“, weiß Bezirksbürgermeister Michael Grunst. Er ist besorgt, weil es immer mehr bedürftige Menschen im Bezirk gibt. Da ist es gut und wichtig, dass es ein Angebot wie die Tafel gibt. Knapp eine Stunde unterhält sich Grunst mit Schönrock und seinem Team.

„Danke für die Arbeit, die Sie hier leisten“, sagt er. Und fragt, was vor allem gebraucht wird? Da müssen Ingeborg Mandelkow und Rolf Schönrock nicht lange überlegen: „600 Euro fehlen, um den Bodenbelag zu erneuern“, sagt er. Und Ingeborg Mandelkow weiß: „Für die Kinder bräuchten wir noch Süßigkeiten, denn die bekommen wir nur sehr selten.“

red, Foto: bbr