Lesung in der Gedenkstätte Hohenschönhausen

Albrecht, Haushofer, Dietrich Bonhoeffer, Jürgen Fuchs und Liao Yiwu – sie alle teilen ein gemeinsames Schicksal: Sie waren Gefangene aufgrund ihrer politischen Gesinnung. Mit einer szenischen Lesung von Gefangenenlyrik dieser und anderer Autoren wird am 7. November 2019 an Mauerfall und friedliche Revolution erinnert. Die Veranstaltung ist eine Kooperation des Fachbereichs Kunst und Kultur des Bezirksamtes Lichtenberg und der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. Ab 19 Uhr lesen die Schauspieler Kathleen Gallego Zapata und Christof Düro in den Zellen des ehemaligen Stasi-Gefängnisses Hohenschönhausen Texte der genannten Autoren. Dabei nehmen sie die Besucherinnen und Besucher bei einem Rundgang durch den Gefängnistrakt mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Im Anschluss lädt die Gedenkstätte zu Gesprächen und Getränken ein.

In der Gefangenschaft sind Gedichte entstanden, die bis heute berühren „Ich bin der erste nicht in diesem Raum, / In dessen Handgelenk die Fessel schneidet, / An dessen Gram sich fremder Wille weidet.“ So lauten die ersten Zeilen der Moabiter Sonetten, geschrieben von Albrecht Haushofer und entstanden im Gefängnis Moabit. Wegen seiner Verbindung zu den Verschwörern des 20. Juli 1944 wurde Haushofer im Dezember des gleichen Jahres verhaftet und ins Gefängnis eingeliefert. In Moabit schrieb er heimlich 80 Gedichte in Sonettform. Am 23. April 1945 wurde er zusammen mit Klaus Bonhoeffer von der SS ermordet. Der Schriftsteller und Bürgerrechtler Jürgen Fuchs, selbst für 281 lange Tage und Nächte Häftling im Stasi-Gefängnis der heutigen Gedenkstätte Hohenschönhausen, verarbeitete seine traumatischen Erfahrungen im Buch „Vernehmungsprotokolle“. In diesem Buch gibt Fuchs die Verhöre während der neunmonatigen Haft aus seiner Erinnerung wieder.

Die Beispiele zeigen: Trotz aussichtsloser Lage entstand in Gefängnissen lyrische Kunst. Aufgrund der Kürze und der sprachlichen Knappheit ist Dichtung eine der produktivsten Ausdrucksformen von Gefangenenliteratur. Seien es Notate auf Toilettenpapier, Packpapier oder Etiketten, seien es in ordentliche Schreibhefte eingebrachte Gedichtzyklen. Es wurde geschrieben zur Identitätswahrung, zur Verarbeitung der Situation, um zu überleben. In dieser Ausnahmesituation entstanden, verbinden die Texte Selbstbehauptung mit nach außen gerichtetem Protest und Widerstand.

Aufgrund der begrenzten Teilnehmerzahl wird um eine Voranmeldung per Mail oder Telefon gebeten. Treffpunkt ist um 18.45 Uhr am Eingang der Gedenkstätte Hohenschönhausen, Genslerstraße 66. Der Eintritt ist frei. Bitte beachten: Die Veranstaltung ist nicht barrierefrei.

Infos und Anmeldung
98 60 82 413
veranstaltungen@stiftung-hsh.de

Foto: Heiko Probst