„Ich brauche einen neuen Hausarzt“, sagt ein älterer Mann, als er zur Nacht der Politik zu Gast im Rathaus ist. „Mein ehemaliger ist in Rente gegangen, er hat keine Nachfolge gefunden, obwohl er mehrere Jahre intensiv gesucht hat“, ergänzt er. Bezirksstadträtin Katrin Framke, unter anderem zuständig für Gesundheit, nickt nachdenklich. Sie weiß, dass das kein Einzelfall ist. Wenn sie oder die anderen Mitglieder des Bezirksamtes Lichtenberg im Kiez unterwegs sind, begegnet ihnen ein Thema besonders oft – die ambulante medizinische Versorgung.

Für die Erfüllung des Versorgungsauftrages ist jedoch die kassenärztliche Vereinigung Berlin zuständig. Doch die Menschen wenden sich bei Ärztemangel natürlich zuallererst an ihre kommunalen Vertreter. Katrin Framke (parteilos, für die Linke) hat sich deshalb des Themas zusätzlich angenommen. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen im Bezirksamt Lichtenberg hat sie Modellprojekte initiiert. Überall im Bezirk fehlen Ärztinnen und Ärzte, Praxen sind zu voll oder müssen ganz schließen. In Gesprächen wird deutlich, dass Ärztinnen und Ärzte oft aus Loyalität zu ihren Patienten und Patientinnen nicht in den Ruhestand gehen, denn sonst wäre keiner mehr da. Dabei ist der Bedarf in einem Bezirk wie Lichtenberg besonders hoch, denn er wächst überproportional stark, insbesondere bei den Hochbetagten und den Kindern.

Aber gerade in diesen Lebensphasen ist die medizinische Grundversorgung von besonderer Bedeutung. Doch die jungen Absolventinnen und Absolventen zieht es nicht mehr scharenweise in die Selbstständigkeit. Der Traum von der eigenen Praxis scheint dem Traum vom festen Gehalt und mehr Zeit für die Familie gewichen zu sein. Außerdem fasziniert wohl die sogenannte Gerätemedizin mehr und ist zudem noch lukrativer als die vollen Warteräume einer Hausarztpraxis.

In zahlreichen Gesprächen der Bezirksstadträtin mit der Spitze der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin, um auf Lösungen zu drängen, hat sich die tiefgreifende Veränderung des Medizinerberufes bestätigt. Ob man dort angemessen darauf vorbereitet ist, wird sich zeigen. Erste Erfolge sind die Aufhebung der Sperrungen für Hausärzte. Allein in diesem Jahr gab es bisher zwei Ausschreibungen für niederlassungsinteressierte Ärztinnen und Ärzte. Eine weitere ist in Planung.

Ein weiteres Modellprojekt ist das Lotsenangebot des Bezirksamtes. Es entsteht gegenwärtig in enger Zusammenarbeit mit dem Bereich Wirtschaftsförderung, zugehörig zur Abteilung der Bezirksstadträtin Birgit Monteiro (SPD). Es soll Ärzte und Ärztinnen beim Ankommen im Bezirk unterstützen. Gemeinsam mit dem Bezirksbürgermeister Michael Grunst werden Vertretende der Lichtenberger Krankenhäuser und die Bezirksstadträtin Anfang Dezember weitere Ideen zur Verbesserung der Situation auf Bezirksebene diskutieren.

Dipl. med. Britta Wolff, die gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen seit fast vier Jahrzehnten eine Gemeinschaftspraxis im Gesundheitszentrum am Prerower Platz führt, kennt die Situation. Gern würden sie mehr Patientinnen und Patienten behandeln. Ebenso gerne würden sie und ihr Team jüngere Medizinerinnen und Mediziner in ihrer Praxis aufnehmen und mit all der gesammelten medizinischen und unternehmerischen Erfahrung in den Beruf begleiten. Deshalb suchen sie intensiv und sind dankbar für die Initiativen aus dem Bezirksamt. Bereits Anfang 2019 konnte eine junge Ärztin in Anstellung für das Team gewonnen werden.

Aber noch ist die Suche nicht beendet. Dipl.med. Britta Wolff liebt ihre Praxis in Hohenschönhausen, eine einzigartige Mischung aus Urbanität, viel Grün und einer guten Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel. Eine gute Wahl für einen zukünftigen Arbeitsplatz. In den politischen Forderungen hatte Bezirksstadträtin Framke zudem mehr Mitbestimmungsrecht für die Bezirke verlangt. Vor wenigen Wochen wurde sie in das gemeinsame Landesgremium berufen und vertritt dort die Interessen der Lichtenberger.

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