Michael Heinisch-Kirch gründete gemeinsam mit dem Kirchenkreis Lichtenberg am 4. Oktober 1990, den „Sozialdiakonische Jugendarbeit Lichtenberg e.V.“. 30 Jahre später ist die heutige SozDia Stiftung, deren Vorstandsvorsitzender er ist, in Lichtenberg, in ganz Berlin und darüber hinaus aktiv.

Sie haben mal mit 20 Jugendlichen in der Wendezeit ein Haus saniert. Wie ist es denn dazu gekommen?
Ich war Sozialdiakon in der Erlöserkirche, für den heutigen Kirchenkreis Lichtenberg Oberspree. Wir haben damals einen Freizeitklub betrieben, aber viele Jugendliche sind in der Wendezeit arbeitslos geworden. Das heißt, die hatten alle nur noch Freizeit. Die Jugendlichen haben sich gewünscht, etwas Handwerkliches zu machen. Da lag es nahe, eine der Ruinen in der Pfarrstraße zu sanieren. Das war 1991.

Hatte dieses Projekt schon etwas mit der SozDia zu tun, wie sie heute existiert?
Für dieses Projekt haben wir den Verein überhaupt erst gegründet. Die Arbeit der Kirche war sehr auf den eigenen Raum ausgerichtet. Wir wollten aber rausgehen, zu den Menschen. Deswegen habe ich mit dem Kirchenkreis beschlossen, einen Verein für diese Arbeit zu gründen.

Das war also das erste Projekt. Und wie ging es weiter?
Das Projekt wurde sehr stark kritisiert. Denn unter den Jugendlichen waren auch mehrere Rechtsradikale. Doch trotz aller Auseinandersetzungen wurde das Haus fertig und die Jugendlichen integrierten sich. Dann haben wir das nächste Haus saniert. In jedes fertige Haus kam ein soziales Projekt. Mit dem Jugendwohnhaus entstand eine Anlaufstelle für Jugendliche, die von zu Hause weggelaufen sind, im nächsten ein Ausbildungsrestaurant. So wuchs der Verein. Bis heute wird an uns herangetragen, wenn irgendwas geschlossen werden soll oder es eine Ruine gibt. Wenn wir eine gute Idee dafür haben, machen wir ein Projekt daraus.

Was waren die letzten guten Ideen, die Sie hatten?
Berlin wollte auf dem Land unseres interkulturellen Gartens zwei Hochhäuser bauen. Angesichts der Wohnungsknappheit verständlich. Aber wir haben überlegt, wie der Garten erhalten und Verantwortung in der sich verändernden Stadt übernommen werden kann. Also wurde auf 2.000 Quadratmetern eine KiTa gebaut und der Rest erhalten. Die KiTa NEO nimmt im Januar ihren Betrieb auf. Außerdem entsteht unweit des Jugendwohnhauses ein Neubau für eine Familien-Begegnungsstätte sowie inklusives Zusammenleben.

Ihr 30-jähriges Jubiläum findet ausgerechnet im Corona-Jahr statt. Wie hat sich die Pandemie auf Ihre Arbeit ausgewirkt?
Fundamental. Alles, was wir machen, basiert auf Begegnungen zwischen Menschen und die sind pandemiefördernd. Da gibt es zwar Alternativen. Ein geschlossener Jugendklub kann sich mit den Jugendlichen auch online verabreden und jeder, der mitmacht, kriegt eine Pizza geschickt. Aber das ist natürlich alles nur Ersatz für das Original – den persönlichen Kontakt. Aber die Fantasie, die unsere Mitarbeitenden entwickelt haben, wenn es darum geht, Kontakt zu halten ohne sich zu begegnen, ist beeindruckend. Das nehmen wir natürlich mit.

 

Foto: SozDia Stiftung