Vor 100 Jahren in Lichtenberg: Die Märzkämpfe 1919

Noch bis zum 5. Mai zeigt das Museum Lichtenberg in der Türrschmidtstraße 24 die neue Sonderausstellung „Schießbefehl für Lichtenberg“ über die Märzkämpfe 1919. Ergänzend dazu gibt es für Geschichts- und Politikinteressierte im Februar und März Vorträge, Stadtführungen, eine Konferenz und eine Gedenkveranstaltung an der so genannten „Blutmauer“.

Im März 1919 wurde Lichtenberg zum Schauplatz gewaltsamer Auseinandersetzungen zwischen Aufständischen und Regierungstruppen sowie regierungsnahen Freikorps. Während eines Generalstreiks kam es zu Plünderungen und bewaffneten Kämpfen in der Stadtmitte. In dieser zugespitzten Atmosphäre setzte die Regierung militärische Kräfte ein, die die Aufständischen in den Osten Berlins abdrängten. Angeheizt wurde der Konflikt durch den angeblichen Mord an 60 Lichtenberger Polizeibeamten.

Diese Falschmeldung nahm Gustav Noske zum Anlass, einen durch kein Gesetz gedeckten Schießbefehl zu erlassen. Die noch selbständige Stadtgemeinde Lichtenberg wurde zu einem kriegsähnlichen Schauplatz, bei dem Geschütze und sogar Flugzeuge zum Einsatz kamen. Am 12. März brach der Widerstand der Aufständischen an der Kreuzung Frankfurter Allee Ecke Möllendorffstraße zusammen, am 13. März zogen die regierungstreuen Truppen in Lichtenberg ein. An der Mauer des Gemeindefriedhofs von Lichtenberg wurden bis zum 13. März nachweislich zwölf Menschen ermordet, darunter auch an den Kämpfen Unbeteiligte.

Am Mittwoch, 13. Februar, um 19 Uhr spricht Hanno Schulz vom Kulturring e.V. im Museum Lichtenberg über die Freikorps- und Zeitfreiwilligenverbände im Kampf um Berlin und Lichtenberg im März 1919. Der Vortrag trägt den Titel „Auf der rechten Seite der Barrikaden“. Zu den Verbänden gehörten zurückgekehrte Fronttruppen, die Freiwillige Volkswehr und andere Formationen.

Im Januar waren sie beim Niederschlagen des Spartakusaufstandes im Einsatz und wurden schließlich per Gesetz vom 6. März 1919 zur „legalen“ Reichswehr der Weimarer Nationalversammlung ernannt. Hanno Schulz zeigt in seinem Vortrag auf, wie sich die Freikorps- und Zeitfreiwilligenverbände zusammensetzten, welche Motivation und Bewaffnung sie hatten und welche militärische Taktik sie während der Berliner Märzkämpfe 1919 verfolgten.

Vom 3. bis 31. März ist auf dem Stefan-Heym-Platz an der Frankfurter Allee, Ecke Möllendorffstraße die Open-Air-Ausstellung „Lichtenberg im März 1919, das Ende der Revolution in Berlin“ zu sehen. Historische Zeitungsausschnitte und Fotos dokumentieren die dramatische Situation: In ganz Berlin waren mehr als 1000 Todesopfer zu beklagen. An den Sonntagen, 3. März und 10. März, lädt das Museum Lichtenberg zu Stadtführungen an Orte der Märzkämpfe im heutigen Friedrichshain und Lichtenberg ein. Dietmar Lange, der Kurator der Ausstellung „Schießbefehl für Lichtenberg“, führt zu Schauplätzen entlang der heutigen Karl-Marx- und Frankfurter Allee bis zur Blutmauer im heutigen Rathauspark und rekapituliert die Geschehnisse. Treff ist jeweils um 14 Uhr am U-Bahnhof Weberwiese.

Am 9. März tagt die Konferenz „Die zweite Revolution – Das Frühjahr 1919 in Deutschland und Europa“ von 10 bis 18 Uhr im Rathaus an der Möllendorffstraße 6. Am Mittwoch, 13. März, um 15 Uhr erinnern das Bezirksamt und die Vereinigung der Opfer des Nationalsozialismus – Bund der Antifaschisten an die gewaltsamen Ereignisse vor 100 Jahren und gedenken der zwölf an der Blutmauer hingerichteten Menschen.

Foto: Bundesarchiv-Bild 183-R22005