Manchmal tauscht er die Kamera gegen ein gutes Buch: Dann setzt sich Rainer Bosse in einen modernen Ohrensessel, die Brille auf der Nasenspitze. Der Vorsitzende des Bürgervereins am Fennpfuhl blättert kurz in dem Buch auf seinem Schoß und beginnt. Mucksmäuschenstill ist es, wenn die sonore Stimme des Lichtenberger Bezirksverordneten-Vorstehers erklingt.

Auf blauen, roten und gelben Kissen sitzen die Kleinen zu Bosses Füßen. Gebannt lauschen sie dann dem Märchen von der Bernsteinhexe aus der Feder eines Fennpfuhlers. Immer montags zwischen 16 und 17 Uhr ist Vorlesezeit in der Anton-Saefkow-Bibliothek. Und das schon seit sechs Jahren. Je zwei von elf Ehrenamtlern widmen sich dann den jungen Zuhörerinnen und Zuhörern. Insgesamt hat es bisher 300 Vorlesestunden gegeben, mehr als eintausend Kinder haben zugehört. Lässt die Aufmerksamkeit nach, greift Rainer Bosse in die Trickkiste, macht Fingerspiele oder bringt auch mal seine Bernsteinsammlung mit. Für jedes Kind gibt es dann ein paar Steinchen zum Mitnehmen. „Oft kommen auch Kinder, deren Eltern die deutsche Sprache noch nicht so gut beherrschen, und ihnen nicht selbst vorlesen können“, weiß Bosse. Später erzählen die Eltern dann stolz, die Kinder „lesen“ ihnen zu Hause die Bücher in Deutsch vor. „Aber auch Jungen und Mädchen aus dem Kiez, die inzwischen in die Schule gehen und selbst lesen können, erinnern sich gern an die Vorlesestunden.“ Wer das Team der ehrenamtlichen Vorleser unterstützen möchte, meldet sich direkt in den Bibliotheken.