Amtsleiterin Daniela Bell will die Kultur im Bezirk gemeinsam mit Interessierten gestalten

Daniela Bell leitet seit Juni 2017 das Amt für Weiterbildung und Kultur in Lichtenberg. Sie ist verantwortlich für die vier Stadtteilbibliotheken, das Museum Lichtenberg, das Mies van der Rohe Haus, drei Galerien, ein Keramikatelier, das Kulturhaus Karlshorst, die Jugendkunstschule sowie die Volkshochschule und die Musikschule mit jeweils mehreren Standorten. Damit sich Kunst und Kultur im Bezirk so positiv weiterentwickeln können, wie es sich Künstlerinnen und Künstler, Kulturinteressierte und politisch Verantwortliche wünschen, sollen die Kulturlandschaft strategisch geplant und neue inhaltliche Schwerpunkte gesetzt werden. Barbara Breuer sprach mit Daniela Bell über die wachsende freie Kulturszene in Lichtenberg und darüber, wie Kulturinteressierte und Kreative beteiligt werden können.

Frau Bell, Sie haben bisher als Kulturmanagerin für große Orchester und Theater gearbeitet und bringen aus Ihrer Zeit bei der Bertelsmann Stiftung langjährige Erfahrungen aus dem Bildungsumfeld mit. Im Sommer 2017 sind Sie nach Lichtenberg zurück gekehrt. Was war für Sie auf den ersten Blick das Besondere an der Lichtenberger Kulturlandschaft?

Daniela Bell: Selbst für mich als gebürtige Lichtenbergerin war die Qualität der bezirklichen Kulturlandschaft nicht auf den ersten Blick sichtbar. Denn der Bezirk ist nicht unbedingt als Ort der Kunst und Kultur bekannt. Und dabei gibt es so viele spannende und einzigartige Kulturprojekte und -angebote bei uns. Diese Wahrnehmung muss sich unbedingt ändern!

Denken Sie dabei nur an die bezirklichen Kulturprojekte?

Daniela Bell: Nein, nicht nur. Auch die freie Szene hat sich in den letzten fünf bis zehn Jahren sehr stark entwickelt, vor allem aus Bezirken wie Mitte oder Friedrichshain drängen zunehmend Kreative nach Lichtenberg, weil es bei uns einfach noch günstige Räume und freie Flächen gibt. Ich denke, der Bezirk muss hier klare Signale senden, dass die freie Szene und auch andere Künstler willkommen sind. Zugleich muss sich das Bezirksamt dafür einsetzen, dass die kreativen Neuankömmlinge auch geeignete Rahmenbedingungen für ihre Arbeit finden.

Genauso wie sich der Zuzug von Menschen nur wenig beeinflussen lässt, kann auch niemand die Künste lenken. Trotzdem gibt es einen Kulturentwicklungsplan. Das klingt verdächtig nach Fünfjahresplan…

Daniela Bell (lacht): Neeeein, auf keinen Fall. Der Begriff beschreibt vielmehr einen Strategieprozess, in dessen Verlauf das Bezirksamt, die Verwaltung und die Politik gemeinsam mit Kreativen und der interessierten Bevölkerung die Kulturlandschaft in Lichtenberg gestalten wollen. Wir sind im Oktober gestartet und zurzeit noch in der Phase der Bestandsaufnahme.

Was soll die Kulturentwicklungsplanung leisten?

Daniela Bell: Zunächst soll sie uns bewusst machen, was wir für Ressourcen im Bezirk haben und worauf wir aufbauen können. Wir möchten erreichen, dass der Bezirk als neuer kultureller Hotspot in Berlin wahrgenommen wird. Und somit Kunst und Kultur in Lichtenberg mehr Aufmerksamkeit bekommen. Dabei soll der Öffentlichkeit, dem Tourismus aber auch der Bevölkerung vermittelt werden, dass wir in Lichtenberg sehr viel Kunst und Kultur zu bieten haben. Unser Ziel ist es, die Stärken Lichtenbergs hervorzuhebenund eine vielfältige Kulturlandschaft zu schaffen, in der integrativ gedacht wird. Es wäre schön, wenn es uns am Ende des Prozesses gelingt, „Kultur in Lichtenberg“ als Marke zu positionieren und zu etablieren. Und das gilt nicht nur für die kommunalen Einrichtungen.

Sie wollen diesen Prozess offen und transparent gestalten und laden Menschen aus der Politik, Verwaltung aber auch Künstler, Verbände und Interessierte zum Mitwirken ein. Es hat bereits erste Gespräche über aktuelle Themen, Wünsche, Erwartungen gegeben. Mit welchem Ergebnis?

Daniela Bell: Wir haben jeweils Gesprächsrunden in Karlshorst, Lichtenberg und Hohenschönhausen durchgeführt. Dabei haben wir gezielt danach gefragt, wo die Probleme liegen, wo die Rahmenbedingungen nicht stimmen und wo gehandelt werden muss. Es haben sich einige Handlungsfelder herauskristallisiert, die wir nun bearbeiten werden. So ist beispielsweise das Thema „Transparenz“ mehrfach genannt worden. Für mich heißt das, dass wir die Prozesse des Bezirksamts nachvollziehbarer gestalten müssen um die Leute besser mitzunehmen. Vermehrt haben wir auch den Wunsch nach einer stärkeren Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit für Kunst- und Kulturschaffende im Bezirk aufgenommen. Und insbesondere die Freie Szene hat auf Probleme in der Standort- und Infrastrukturentwicklung aufmerksam gemacht, um die wir uns unbedingt kümmern müssen. Dabei geht es nicht nur darum, Flächen für Kunst und Kultur bereitzustellen, sondern auch darum, wie ein attraktives Umfeld entwickelt werden kann.

Ziel soll ja auch sein, eine strukturelle und inhaltliche Verbindung zwischen Kultur, Bildung, Integration, Inklusion und sogar Stadtentwicklung herzustellen.

Daniela Bell: Ja, das ist sicher ein hoher Anspruch. Um diesem gerecht zu werden, haben wir innerhalb des Bezirksamtes eine fachbereichsübergreifende Steuerungsgruppe unter dem Vorsitz des zuständigen Kulturstadtrats zusammengestellt, der ja bei uns gleichzeitig der Bezirksbürgermeister ist. Sonst sind neben mir natürlich die Fachbereichsleiterinnen und -leiter für Kunst und Kultur, Musikschule, Volkshochschule und Bibliotheken mit dabei. Um die Schnittstellen gut abzudecken, haben wir aus den Bereichen Jugend, Schule, Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung die Verantwortlichen mit am Tisch. Gemeinsam arbeiten wir an den strategischen Zielen und Handlungsfeldern.

Wie geht es jetzt weiter?

Daniela Bell: Wir werden erst einmal die Bestandsaufnahme abschließen. Im nächsten Schritt überlegen wir dann, welche Themen vertiefend bearbeitet werden müssen. Um über den Prozess transparent zu informieren, haben wir eine Webseite eingerichtet. Bis Jahresende wollen wir die strategischen Handlungsfelder für Lichtenberg definieren und einen konkreten Maßnahmenplan entwickeln. Und dann werden die Bezirksverordneten darüber zu entscheiden haben, welche Maßnahmen wir in welchem Zeitraum umsetzen können.

Weitere Infos:
www.kep-lichtenberg.de

Foto: bbr