Das Sammeln von Altstoffen war beliebt bei Kindern. Sie besserten damit ihr Taschengeld auf oder sammelten als Schulklasse, oft für Solidaritätsaktionen. Foto: Archiv Museum Lichtenberg

Der „VEB Kombinat Sekundärrohstofferfassung“ organisierte in der DDR unter Verwendung der Abkürzung SERO den Ankauf und das Rückführen von Rohstoffen wie Papier, Glas, Schrott verschiedenster Metalle oder Textilien.

Mit dem Aufkommen von Kunststoffverpackungen und Spraydosen wurden auch diese wieder verwertet. Gesammelt wurden auch Kastanien, Eicheln sowie Bucheckern, um damit Wild- und Nutztiere zu füttern. Das Sammeln von Alt- bzw. Sekundärrohstoffen war wichtig für die DDR-Wirtschaft, aber auch ein Teil der Alltagskultur. Sekundärrohstoffe wurden in so genannten SERO-Sammelstellen entgegengenommen.

Schon in den 1950 Jahren war die DDR-Wirtschaft bestrebt, wieder verwertbare Materialien zu erfassen und dem Wirtschaftskreislauf erneut zu zuführen. Das Ministerium für Leichtindustrie, VVB Rohstoffreserven Berlin Karlshorst, warb 1955 in zwei Heften mit dem Titel „Rumpelmännchens Erlebnisse” für das Sammeln von Altstoffen. Der Illustrator Horst Boche adaptierte darin den von Johannes Hegenbarth schon zuvor geschaffenen Urtyp des „Rumpelmännchens“. Viele andere Grafiker variierten es in den Folgejahren. Die Kinder- und Jugendzeitschriften „Atze“ und „Frösi“ wollten die Kinder ebenfalls mit ihrem einem Kobold ähnelnden Geschöpf für das Sammeln gewinnen. In den 1980er Jahren kam der rosa Elefant „Emmy“ dazu. Er sollte das Interesse am Sammeln, insbesondere bei Kindern, neu beleben.

Dieser Stempel mit dem Schriftzug „VEB Kombinat Sekundärrohstofferfassung“ stammt aus dem ehemaligen Berliner Stadtbezirk Lichtenberg und wird im Museum Lichtenberg aufbewahrt.

Die DDR war arm an Rohstoffen und deshalb auf diese – heute Wertstoffe genannten – Materialien angewiesen. Zum Ende der DDR beschäftigte das SERO-Recycling-System etwa 29.000 Menschen. In einem dichten Netz von Annahmestellen konnten zu einem erstaunlich hohen Preis Altstoffe abgegeben werden. Ein Kilogramm Zeitungspapier oder Wellpappe brachte, ebenso wie Weißglasflachen, 30 Pfennige ein, eine leere Spraydose 10 Pfennige. Das war offenbar nicht nur für Sammler, sondern auch für die DDR-Wirtschaft ein lohnendes Geschäft. 1989 konnten mit den Sekundärrohstoffen und damit durch das Vermeiden von teuren Materialeinfuhren drei Milliarden DDR-Mark eingespart werden.

Das Recycling-System diente auch dazu, die Kinder und Jugendlichen an den Sozialismus zu binden. Gesammelt wurde oft im und für das Kollektiv. Insbesondere die Pionierorganisation „Ernst Thälmann“ organisierte Sammelaktionen, deren Erlös in Solidaritätsgüter für Vietnam, Angola oder Nicaragua floss. Diese Sammlungen waren Bestandteil des „Schüler- oder Pionierwettbewerbs“, der auf Wandzeitungen und Fahnenappellen die Besten herausstellte und so Anreize für ein „vorbildliches und sozialistisches und Verhalten“ vermitteln sollte.

So waren Schulkinder in den 1980er Jahren aufgerufen, jährlich eine bestimmte Anzahl an „Solipunkten“ zu sammeln. Darüber hinaus gehende Erlöse flossen in Klassenkassen, frischten aber auch Taschengeldkonten auf. Kinder klingelten regelmäßig an Wohnungstüren, um Sammelgut zu erfragen. Viele ältere Menschen, aber auch jene, die Altstoffe nicht selbst entsorgen wollten, legten sie in Kellern und Schuppen bereit, weil sie wussten, dass die Kinder sie mit Eifer und Freude holen würden.

Das Objekt des Monats ist im Museum Lichtenberg im Stadthaus, Türrschmidtstraße 24, zu sehen.