Führung, Musik und Anekdoten

Anlässlich des 90sten Todestages von Heinrich Zille führt Barbara Mewis am Samstag, 27. Juli, ab 14 Uhr durch das Wohnviertel, in dem der später berühmt gewordene Zeichner und Grafiker seine Jugend und die ersten Jahre als verheirateter Mann verbrachte. Nicht weniger als fünf Adressen lassen sich nachweisen, an denen er wohnte. Mehrere existieren leider nicht mehr, so das Haus in der Fischerstraße 8, in das die Familie um 1870 zog. Zuvor hatten die Zilles Radeburg in Sachsen verlassen und in der Nähe des Schlesischen Bahnhofs gewohnt. Auch das Haus in der Lückstraße 32, in welches das jungverheiratete Paar Hulda und Heinrich Zille einzog, steht nicht mehr. Ob sein Ausspruch „Man kann mit einer Wohnung einen Menschen genauso töten wie mit einer Axt“ aus dieser Zeit und Erfahrung stammt, ist nicht bekannt. Tatsächlich waren die ab 1872 in Rummelsburg erbauten Wohnungen von besonders minderer Qualität.

Aus dieser Zeit sind erste Zeichnungen Zilles überliefert, die den Lichtenberger Kiez und den Rummelsburger See mit der gegenüberliegenden Kirche von Stralau zeigen. Die Victoriastadt mit ihrer heute bürgerlichen Atmosphäre war dazumal und noch bis in die späte DDR eine Gegend der Armen und Benachteiligten. Dort konnte der junge Heinrich Zille bereits das „Milljöh“ studieren und abbilden, das ihm später sowohl Anerkennung als auch Ablehnung einbrachte. Im Anschluss an die Führung wird auf dem Museumshof Kaffee und Kuchen serviert. Musik des frühen zwanzigsten Jahrhunderts mit Gassenhauern, interpretiert von Pater Schultze, versetzt die Teilnehmenden in die – damals nicht für alle – „goldene Zeit“.

Auch Gisela M. Gulu (Moderation), Lusaka Karonga (Texte und Lieder) und Armin Baptist (Komposition und Klavier) vom Kalliop-Team erinnern am Freitag, 9. August, um 19 Uhr im Museum Lichtenberg mit Anekdoten, Geschichten, Zeitzeugnissen, Berliner Liedern, Gedichten und Musik an den Zeichner und Grafiker. Das Programm greift kräftig hinein in „Zilles Milljöh“: Mochte die vornehme Welt über ihn die Nase rümpfen, den „Rinnsteinmaler“, der es mit den Ärmsten der Armen hielt, mit den Heruntergekommenen, den Bewohnern der Hinterhöfe, mit „Bordsteinschwalben“ und Obdachlosen und mit Berliner Rotznasen. Die einfachen Berliner liebten ihn.Weil er sie verstand in ihrem Elend, dem sie mit Galgenhumor und Courage Paroli boten, weil er ihre kleinen Freuden und großen Sorgen teilte. Sein Zeichenstift machte sie alle berühmt. Nachdem er mit 71 verstarb, begleiteten ihn 1929 an einem Augustmorgen Tausende zum Stahnsdorfer Friedhof, wo er ein Ehrengrab bekam.

Foto: IllustrierteZeitungLeipzig