Bezirk will selbst Mediziner anstellen.

Monatelanges Warten auf einen Facharzttermin, überfüllte Wartezimmer und die „Fünf-Minuten-Medizin” – das ist bereits jetzt für viele Realität.

Laut Kassenärztlicher Vereinigung verfügt Berlin über ein so dichtes und hochspezialisiertes ambulantes Versorgungsnetz wie kaum eine andere Region: Rund 9.200 ambulant tätige Ärzte und Psychotherapeuten kümmern sich um die Gesundheit der drei Millionen gesetzlich krankenversicherten Berliner. Woher kommt dann die von den Menschen erlebte Schieflage?

Dieser Frage sind die Bezirke Lichtenberg und Neukölln im Rahmen einer Studie auf den Grund gegangen: Gemeinsam mit dem Evangelischen Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge und dem Sana Klinikum wurde das Forschungs- und Beratungsinstitut IGES beauftragt, aktuelle und messbare Zahlen zur tatsächlichen Versorgung zu ermitteln. Ergebnis: Beide Bezirke sind bei vielen Facharztrichtungen unterdurchschnittlich versorgt.

In Lichtenberg betrifft das beispielsweise die Versorgung mit Psychotherapeuten, von denen es nur 26,9 Therapeuten je 100.000 Einwohner gibt. Berlinweit gesehen liegt diese Quote bei 59,4. Aber auch bei Hausärzten, Augenärzten oder Orthopäden sieht es ähnlich aus wie bei den Kinderärzten. (Mehr dazu auf den Seiten 8 und 9.)

In Zukunft wird sich das Ungleichgewicht weiter verschärfen: Die Bevölkerung in den Altersgruppen 0 bis 18 Jahre wird um 15 Prozent zunehmen und die Anzahl der älteren Menschen ab 65 Jahren wird bis 2030 um 22 Prozent steigen.

Die Lichtenberger Gesundheitsstadträtin, Katrin Framke (parteilos, für Die Linke), will die aktuelle Versorgung so nicht länger hinnehmen. Deshalb hat sie gemeinsam mit ihrem Neuköllner Kollegen, Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU), zeitgemäße gesundheitspolitische Forderungen aufgestellt: So prüfen sie den Aufbau eines bezirklich betriebenen Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) in Kooperation mit den Krankenhäusern. Dort sollen dann angestellte Ärzte verschiedener Fachrichtungen Kranke versorgen. Außerdem fordern sie die Einführung bezirklicher Planungsregionen, da Berlin bisher nur als eine Planungsregion betrachtet wird.

Hinzu kommt die Forderung nach bezirklichen Zielvereinbarungen mit der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin. Dazu wird vorgeschlagen, dass die Bezirke regelmäßig im Gemeinsamen Landesgremium mitwirken, um künftig auch eine Mitsprache bei Zulassungsfragen zu haben. Diese und weitere Forderungen bilden die Grundlage für künftige Gespräche mit der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin und der Senatsverwaltung für Gesundheit und weitere bezirkliche Planungen.

Weitere Infos bei Dr. Sandra Born unter Tel. 90 296 -45 11.

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